Der Artikel „Jung, schnell, witzig, rechts“ der Zeit-Autoren Dune Korth, Jens Többen und Carlotta Wald beleuchtet die wachsende Präsenz rechter Ideologien auf der Social-Media-Plattform TikTok. Die Autoren zeigen auf, wie die Neue Rechte diese Plattform nutzt, um ihre Botschaften zu verbreiten und eine breite Anhängerschaft zu gewinnen. Durch die gezielte Nutzung der Plattformdynamik und den Einsatz von viralen Inhalten haben rechte Gruppierungen Erfolg dabei, junge Menschen anzusprechen und politische Debatten zu beeinflussen.

Besonders im Hintergrund einer sich beschleunigenden Welt, wirkt dieser Bericht doppelt beunruhigend.

Wir leben heute in einer beschleunigten Welt. Die tägliche Informationsdichte, mit der wir uns konfrontiert sehen, ist so hoch, dass wir uns mehr und mehr in auf uns selbst zugeschnittene Filter-Blasen zurückziehen und sich somit jedes Individuum sein eige- nes Abbild der Realität kreiert.

Hieraus resultieren Phänomene, wie Populismus, Radikalität und das Unverständnis der jeweils anderen Position, die unsere Gesellschaften in ihren Grundstrukturen heraus- fordern. Je mehr sich die einzelnen Sichtweisen der Individuen zuspitzen, desto mehr gehen Schnittmengen mit anderen Auffassungen und deren abgebildeten Realitäten verloren. In diesen Schnittmengen jedoch liegt das Fundament für unsere gemeinsame Kommunikation und somit einer funktionierenden Gesellschaft. Hierdurch ist auch die jeweilige Kultur einer Gesellschaft bedroht. Die Symptome eines solchen gemeinsamen Kulturverlustes – ein ruppiger Umgangston und das Unvermögen andersartige Perspektiven nachvollziehen zu können – sind heute in den verschiedenen virtuellen Kommentarspalten bereits alltäglich.

Die grundlegende Frage ist also, wie können wir wieder zurückfinden in eine ausführende Position, nicht getriebener der Entwicklung sein?

Angesichts der beschleunigten Dynamik, in der wir uns befinden, könnte paradoxerweise der Akzelerationismus als Antwort auf diese Herausforderungen dienen. Die Idee des Akzelerationismus argumentiert, dass die Beschleunigung von Veränderungen notwendig ist, um bestehende Strukturen zu destabilisieren und Raum für neue Möglichkeiten zu schaffen. Der Status Quo unserer Gesellschaft ist offenkundig Verbesserungsbedürftig. Unsere Wirtschaft stagniert, Kriege auf europäischem Boden sind wieder Alltag, die politische Debatte zittert vor dem Ultimativen Wahljahr 2024.

In diesem Sinne könnte die Disruption, die durch die Beschleunigung entsteht, als Chance für eine Neuausrichtung unserer Gesellschaft betrachtet werden. Es gilt daher, die Potenziale dieser Beschleunigung zu erkennen und sie konstruktiv zu nutzen, um alternative Narrative zu fördern und die Grundlagen für eine inklusivere und widerstandsfähigere Gesellschaft zu schaffen, dabei den Einflüssen von Rechts außen aber nicht das Heft des Handels überlassen!

Um der Unterwanderung der Idee des Akzelerationismus durch rechte Gruppierungen entschieden entgegenzutreten, müssen wir betonen, dass die von ihnen propagierte Disruption nicht im Sinne einer progressiven Veränderung geschieht, sie wird verwendet, um an gestrigen Wertevorstellungen anzuknüpfen und das Rad zurückzudrehen. Wenn die Geschichte eines gezeigt hat: Er ist ein Irrglaube, dass dies zu einer Verbesserung der Lebensumstände einer Gesellschaft führt.

Vielmehr missbrauchen sie die Idee des Akzelerationismus, um ihre extremistischen Agenda voranzutreiben und Spaltung in der Gesellschaft zu fördern. Es ist wichtig zu betonen, dass die wahre Essenz des Akzelerationismus darin besteht, die Beschleunigung als Chance zu begreifen, um positive Veränderungen herbeizuführen, die auf inklusiven Werten basieren. Anstatt die Idee des Akzelerationismus zu pervertieren, sollten wir uns darauf konzentrieren, sie im Sinne einer gerechten und nachhaltigen Gesellschaft zu nutzen.

Es liegt an uns, jedem Einzelnen, aktiv zu werden und die Richtung unserer Gesellschaft zu bestimmen. Was für ein Glück, dass Anfang des Jahres so viele Menschen aus der anonymen “Mitte” auf den Marktplätzen der Republik standen und friedlich demonstrierten.

Es ist – mal wieder – an der Zeit, gemeinsam eine Bewegung zu schaffen, die auf Solidarität, Gerechtigkeit und gegenseitigem Respekt basiert, um eine lebenswerte Zukunft für alle zu gestalten.

About the Author: Patrick Arnold

Patrick Arnold ist Komponist, Sounddesigner und visual artist. In seiner Arbeit finden sich stets klare und zumeist minimalistische Konzepte. Ob Musiker, Designer, Künstler oder Entwickler, die Inspiration durch Extreme ist der Kern, auf dem seine Arbeit beruht. Patrick Arnold realisiert Auftragsproduktionen im Rahmen seiner Partnerschaft mit Philipp Reimann als KlangKönner und audiovisuell im Rahmen von Film:Kultur. Für ihre Arbeit wurden sie mehrfach national und international ausgezeichnet, zuletzt mit einer Nominierung für den deutschen Grimme-Preis.

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